Presse
26.5.2008, Frankfurter Rundschau, von Stefan Schickhaus
Schluckauf der Matrosen
"Dido and Aeneas" als Wiesbadener Eigeninitiative bei den Internationalen Maifestspielen.
Thomas de Vries pflegt ein nur auf den ersten Blick naheliegendes Hobby: Der Opernsänger des Wiesbadener Ensembles beschäftigt sich auch außerhalb seines Bühnenvertrages mit Oper, dann mit der barocken Spielart. 1992, als er noch am Cottbuser Haus sang, hat der Bariton den Lausitzer Opernsommer gegründet; in Wiesbaden initiierte er dann 2004 das Ensemble Mattiacis, mit dem er jetzt die Internationalen Maifestspiele des Staatstheaters um eine Aufführung von Henry Purcells "Dido and Aeneas" bereicherte. De Vries saß dabei selbst an einem der beiden Continuo-Cembali, das Singen überließ er Kollegen, die Purcells Muttersprache nativ sprechen: Sieben der acht Solisten stammten aus den USA und aus Australien.
Ein einziges Mal nur wurde diese Purcell-Oper im neobarocken Foyer des Staatstheaters konzertant aufgeführt - leider, muss man sagen. Denn ein, zwei Durchgänge mehr, und vielleicht dazu noch die führende Hand eines Regieassistenten, und das engagierte Purcell-Projekt hätte noch eine Spur mehr Fahrt aufnehmen können. Dann hätte vielleicht auch der tadellos eingestimmte Chor seine Jubelzeilen "So fair the game, so rich the sport" nicht unbedingt wie ein Funeral Anthem intoniert, und das Prunkfoyer mit seiner einladenden Treppe hätte mehr noch als Raum genutzt werden können. Alleine die Deckenbemalung stellt ja allegorisch alles zur Verfügung, was eine "Dido and Aeneas"- Szene so braucht. Sie nur einmal rot anzuleuchten, war mehr Zitat als Effekt.
Die Sänger: stark und jung
Doch musiziert und gesungen wurde beherzt, vor allem das rustikale Element ging dem Ensemble Mattiacis bestens von der Hand. Für die Gesamtleitung hatte Thomas de Vries den Wiesbadener Kantor Christian Pfeifer eingeladen, dessen vitalisierende dynamische Varianten - man nehme nur den Schluckauf des Matrosentanzes! - mitunter ein schön riskantes Spannungsspiel einbrachte.
Die Sänger: durchweg stark und jung. Betsy Horne war eine sinnliche Dido, Angus Wood ein mutig-markanter Aeneas, Aurora Perry eine böszüngige Hexe, und der Mezzo von Tami Jantzi gab eine Zauberin von Format. Vorzüglich besetzt auch die Partie der Belinda, und zwar mit Emma Pearson, ohnehin einer der auffälligsten Stimmen im Wiesbadener Ensemble. Das Material, es rief geradezu nach mehr Bühne.